KJF Erziehungsberaterin: Wie Eltern ihre Kinder gut durch Veränderungen begleiten

Die Corona-Pandemie hat das Leben aller gehörig durcheinander gebracht – was in turbulenten Zeiten gut tut
Besonders in unruhigen Zeiten brauchen Kinder und Jugendliche ihre engen Bezugspersonen, so die KJF Erziehungsberaterin. Foto: KJF Augsburg/Carolin Jacklin
16. September 2021

Der neue Klassenlehrer, die angesagte Klamottenmarke, das aktuelle Video des Youtube-Stars, die im Freundeskreis beliebte Spiele-APP – die Welt war schon immer von einer gewissen Schnelllebigkeit und vielen Veränderungen geprägt. Die Corona-Pandemie brachte zusätzlich besonders starke Veränderungen. „Kontaktbeschränkungen, Schulschließungen, sich ständig ändernde Hygiene- und Verhaltensregeln – die Corona-Pandemie hat unsere eh schon sehr schnelllebige Welt gefühlt noch rasanter gemacht. Ständige Veränderungen beherrschen den Alltag seit mehr als eineinhalb Jahren“, sagt Diplom-Psychologin Friederike Krisch von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung. Besonders schwierig seien diese ständigen und zum Teil sehr einschneidenden Veränderungen für Kinder und Jugendliche. „Denn sich auf Veränderungen einstellen und diese gut meistern zu können, erfordert eine Menge Energie. Wie schwer es manchmal ist, diese Energie in Pandemie-Zeiten aufzubringen, spüren derzeit ja auch wir Erwachsenen“, so die KJF Erziehungsberaterin. „Eltern sind besonders für kleinere Kinder die engsten Bezugspersonen und ein wichtiger Anker, an dem sich der Nachwuchs festhält und orientiert, gerade in schwierigen Zeiten.“ Zu erleben, dass die eigenen Eltern zeitweise überfordert und gestresst sind, kann Kinder verunsichern.

Darum sei es laut Friederike Krisch so wichtig, dass Eltern gut für sich sorgen und gegebenenfalls Unterstützung suchen, wenn sie sich überfordert fühlen, die Reaktionen und Gefühle ihrer Kinder nur schwer aushalten und sich nicht darauf einlassen können. „Dann kann es helfen, sich zu überlegen, welche andere Bezugsperson mit ins Boot geholt werden kann“, so der Rat von KJF Erziehungsberaterin Friederike Krisch. „Auch wir von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung stehen Eltern in solchen Situationen beratend zur Seite.“ Gerade in Hinblick auf den Start des neuen Schuljahres und die damit verbundene Unsicherheit auf allen Seiten, wie sich dieses inzwischen dritte Corona-Schuljahr entwickeln wird, sei es wichtig, die Kinder und Jugendlichen gut durch die anstehenden Veränderungen zu begleiten.


Sieben Tipps der KJF Erziehungsberaterin, wie Eltern ihre Kinder gut durch diese turbulenten Zeiten begleiten:

 

1. Aufmerksam sein: Jedes Kind ist und reagiert anders. Darum ist es wichtig, dass Eltern mit offenen Augen und Ohren für ihren Nachwuchs da sind und wahrnehmen, wie das Kind auf die jeweils aktuellen Veränderungen reagiert und mit der momentanen Situation der geltenden Corona-Regeln zurechtkommt: Gibt es Anzeichen, dass es überfordert ist? Braucht es meine oder anderweitige Unterstützung?

2. Übergänge gestalten: Veränderungen sind häufig mit Abschieden verbunden. Es hilft, diese Übergänge bewusst zu gestalten und ein Ende oder einen Neubeginn feierlich zu begehen – etwa wenn ein Klassenwechsel ansteht, ein Freund oder ein Freundin wegzieht…

3. Gefühle dürfen sein: Veränderungen können und dürfen traurig machen. Es hilft, mit den Kindern zu besprechen, woher die Traurigkeit kommt und dass diese sein darf. Auch Wut oder Trotz können ganz natürliche Reaktionen auf Überforderung sein. Je nach Alter der Kinder, sind sie sich selbst gar nicht über den Zusammenhang bewusst. Eltern sollten vermeiden, den Kindern Gefühle auszureden – wie beispielsweise den Ärger darüber die Freunde nicht treffen zu können. Besser: Als Erwachsener versuchen, die Chance darin zu sehen, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Beziehung zu stärken.

4. Alle Lebensbereiche im Blick haben: Wenn Kinder sehr gefordert sind, sich an neue Situationen – wie etwa den Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht oder andere Betreuungssituationen im Kindergarten – anzupassen, fehlt ihnen die kognitive Ressource, um sonstige Lernaufgaben zu bewältigen. Das gilt natürlich besonders auch für die Kindertagesstätte oder die Schule. Somit können schulische Schwierigkeiten oder Entwicklungsrückschritte darauf hinweisen, dass das Kind oder der Jugendliche in einem anderen Lebensbereich aktuell schlecht zurechtkommt.

5. Beziehungszeit tanken: Vor allem kleine Kinder brauchen in unruhigen Zeiten ganz besonders ihre Eltern und vertraute Bezugspersonen als Fels in der Brandung, an den sie sich im wörtlichen Sinne klammern können. Gerade dieses Anklammern deuten Eltern in Stresssituationen nicht immer richtig, weil sie selbst viel um die Ohren haben. Ideal wäre es, sich bewusst zu machen, dass kleinere Kinder jetzt ganz besonders viel Körperkontakt und Kuschelzeit brauchen, um sich wieder sicher zu fühlen.

6. Rituale in der Familie schaffen: Gerade in Zeiten, die im Außen sehr unstet sind, können Rituale und feste Strukturen innerhalb der Familie die Kinder und Jugendlichen stärken. Das können zum Beispiel bestimmte Zeiten sein, in denen das Kind ein oder beide Elternteile exklusiv für sich hat, in denen (vor-)gelesen wird oder man gemeinsam etwas unternimmt.

7. Selbstwirksamkeit stärken: In einer Situation völlig fremdbestimmt zu sein und keine Kontrolle zu haben, ist für Menschen jeden Alters krankmachend. Während der Corona-Pandemie entwickelten manche Jugendliche zum Beispiel ein problematisches Essverhalten, weil dieser Lebensbereich lange Zeit einer der wenigen war, den sie selbst noch unter Kontrolle hatten. Wenn sich viel verändert, ist es deshalb wichtig, dass Kinder und Jugendliche trotz allem selbst etwas bewirken und steuern dürfen. Eltern können mit ihnen gemeinsam auf Lösungssuche für drängende Probleme gehen und sie ganz bewusst auch im Familienalltag mitgestalten und entscheiden lassen.


Info: Sollten Eltern das Gefühl haben, keine gute Lösung für sich und ihr Kind zu finden, helfen die KJF Erziehungsberaterinnen und Erziehungsberater unkompliziert und kostenfrei weiter. Sie unterliegen der Schweigepflicht. Die KJF Beratungsstelle bietet neben persönlichen Gesprächen unter Wahrung der stets aktualisierten Hygiene- und Abstandsregelungen, auch Telefonberatungen sowie Videoberatungen oder -konferenzen für alle Familienmitglieder.  

Zusätzlich können die Beraterinnen und Berater der KJF Beratungsstellen über die anonyme Online-Beratung der Caritas unter www.caritas.de/onlineberatung sowie die der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) unter https://bke-beratung.de kontaktiert werden. Eine Besonderheit in Corona-Zeiten: Es können Beratungsgespräche, soweit sinnvoll und unter Wahrung des Datenschutzes möglich, auch im Freien bei einem Spaziergang durchgeführt werden.

Alle Standorte und Ansprechpartner unter www.kjf-kinder-jugendhilfe.de/erziehungsberatung

 

Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF)

Die KJF Augsburg ist einer der größten Anbieter für Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen in Bayern. Seit 1911 bietet das Sozialunternehmen vor allem Kindern, Jugendlichen und Familien mit rund 80 Einrichtungen und Diensten Lösungen für die verschiedensten individuellen Bedürfnisse an: in der Kinder- und Jugendhilfe mit Kindertagesstätten, Stationären Wohnformen oder Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung; in Berufsbildungs- und Jugendhilfezentren, durch Angebote für Beruf und Arbeit sowie Integrationsunternehmen und -dienste; in der Medizin mit mehreren Kliniken; in verschiedenen Schulen. Darüber hinaus bildet die KJF Augsburg kontinuierlich annähernd 500 Fachkräfte für soziale und medizinische Berufe aus.

Als christlicher Verband katholischer Prägung ist für die KJF und ihre rund 5.800 Mitarbeiter jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis. Vorstandsvorsitzender ist Markus Mayer, Vorsitzender des Aufsichtsrates Domkapitular Armin Zürn.

Weitere Informationen zur KJF finden Sie unter www.kjf-augsburg.de.

Aktuelle Videos gibt es im YouTube-Kanal auf www.youtube.com/kjfaugsburg.